Thalia Uehlein, Lichträume

Zum Malen eines Bildes benötigt man Farbe. Und eine Malfarbe besteht aus dem farbgebenden Pigment, dem Bindemittel, welches das Pigment auf den Untergrund klebt und einem Lösungsmittel oder anders gesagt, einem Verdünnemittel.
Man kann als Binder Öl, Kasein oder Kalk nehmen, ich benütze verschiedene Acrylmassen. Als Lösungsmittel nehme ich Wasser und nun kommt das, was meine Malerei bestimmt: die Pigmente.
Es gibt Pigmente, deren Moleküle aussehen wie geschliffenen Diamanten, die glatte reflektierende Facetten besitzen und das Licht streuen, und es gibt Farbmoleküle, die aussehen wie Naturschwämme, unregelmäßig zerklüftet. Sie schlucken das darauffallende Licht zu einem Teil. Es gibt Pigmente, die sich zu Kristallgittern formieren und solche, die lange Ketten bilden.
Alles, was sich auf der molekularen Ebene abspielt, nimmt man auch im Bild wahr, sofern der Farbauftrag wässrig und dünn verwendet wird, weil sich die Pigmentmoleküle so, ihrer Eigenart gemäß, auf dem Bildträger absetzen können.
Ich beobachte, wie die verschiedenen Pigmente sich verhalten, wie ein Pigment auf ein anderes, bereits getrocknetes aufgetragen, reagiert. Scheint die Farbe darunter durch? Setzt sich die Farbe in die kleinen Farbtäler der Unterschicht? Überzieht sie die kleinen Hügelchen der Leinwandbindung , oder lässt sie diese frei? Ist der Farbauftrag netzartig, oder wie ein durchgehender hauchdünner Film?
Wenn ich verstanden habe, welche Eigenarten das Pigment hat, so setze ich es gezielt für meine malerische Absicht ein. Vielleicht möchte ich, dass das Blau im Vordergrund bleibt, obwohl das Blau optisch meist nach hinten tritt. Vielleicht möchte ich, dass das satte Rot durchscheinend bleibt, oder dass das helle Pastellrosa dominant und stark, dagegen das tiefe Flaschengrün leicht und luftig wirkt.
Mit der Kenntnis des Pigmentverhaltens male ich nun Flächen und Formen, in denen das Licht wohnt:Die Formen auf dem Bild bieten der Farbe den Platz zum Erscheinen und durch die Anordnung der Formen und Farbflächen, entstehen die Interaktionen zwischen den Farben, die dann wiederum den Raum entstehen lassen und somit das Licht sichtbar machen.
Durch das gemalte Licht, entsteht der Raum, in welchem es nun scheint, glüht, schimmert, hervorbricht, strahlt und leuchtet.
Das Licht im Bild entsteht allerdings nicht allein durch die Begenungen der Farben untereinander, sondern sogar in dem Pigment selbst. Und da sind wir wieder bei der Form der Moleküle: es gibt Pigmente, deren glatte Molekülfacetten das Licht an der Oberfläche des Farbauftrages streuen, oder es gibt solche, die das Licht erst in der Tiefe des Farbauftrages reflektieren (man spricht hier vom Tiefenlicht einer Farbe -z.B. in lasierenden Pigmenten, wie dem Preußisch Blau).
Mit diesen vielfältigen Mitteln das Licht zu malen, spiele ich. Das Licht zu malen ist meine Arbeit und meine Freude.