Die erste wichtige Beobachtung ist, dass die von antiken und modernen christlichen Autoren behauptete Konkurrenzsituation zwischen Christentum und Mithraskult nur die Sichtweise der Christen wiedergibt; Zeugnisse über eine ähnliche Sichtweise gibt es im Mithraskult nicht.

Zweitens fällt auf, dass es zwischen Christentum und Mithraskult deutliche Analogien gibt: Beide sind Mysterienreligionen, beide sind Erlösungsreligionen, beide versammeln sich zu einem Kultmahl, bei dem die Erinnerung an den Stifter im Vordergrund steht, beide fordern von ihren Anhängern strenges sittliches Verhalten ein. Die christlichen Autoren der Antike interpretieren diese Analogien allerdings als satanische Imitationen.

Der sog. Sieg des Christentums basiert allerdings nicht auf der Konkurrenz der beiden Religionen, sondern auf religionspolitischen Entscheidungen auf höchster Ebene, vor allem durch die Kaiser Konstantin und Theodosius. Da die Mithrasanhänger äußerst loyal zu den Kaisern waren, ist wahrscheinlich, dass sich viele von ihnen dem Christentum angeschlossen haben.