Angeregt durch Initiativen in Bremen und Hamburg in den 70er Jahren und international breit diskutiert in der Folge der Münsteraner Skulpturausstellungen seit 1977, spielt »Kunst im öffentlichen Raum« in der Kunstszene der vergangenen dreißig Jahre eine herausragende Rolle. Ziel aller Bestrebungen, die unter dieser Überschrift an unterschiedlichen Orten angestellt wurden, war die Ablösung der sogenannten drop sculptures, oftmals lieblosen, aus Kunst-am-Bau-Mitteln finanzierten Möblierungen unansehnlicher Einkaufsmeilen, Fußgängerzonen oder Parkanlagen. Die neue »Kunst im öffentlichen Raum« will auf spezifische urbane Situationen reagieren und ist bestrebt, den Ort und seine Geschichte zu reflektieren. Die Projekte und künstlerischen Arbeiten stehen in einer intensiven Auseinandersetzung mit der Tradition des Denkmals und des überkommenen Denkmalbegriffs. Indem sie teilweise zeitlich begrenzte Eingriffe in den öffentlichen Raum darstellen, kritisieren sie die Vorstellung vom überzeitlich gültigen Kunstwerk ebenso wie die Idee eines unantastbaren Denkmals. Erinnerung und Partizipation sind Begriffe, die für die Künstlerinnen und Künstler in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen.
Der Vortrag versuchte an Hand einer Reihe von Werken, diese Tendenzen vorzustellen. Neben Richard Serras (*1939) Arbeit für den Theatervorplatz in Basel (Intersection, 1992), Hans Haackes (*1936) Kommentar zu einem Kriegerdenkmal in den Münsteraner Wallanlagen (Merry-go-round, 1979), wurden Arbeiten von Christine Borland (*1965) und Janet Cardiff (*1957) diskutiert. Borland wirft Fragen nach der Geschichte der Medizin und der anatomischen Forschung in Münster auf (»Die Toten lehren die Lebenden«, 1997); während Janet Cardiffs »Münster walk« (1997) in einer subtilen Verschränkung von Hörspiel, flaneurhaftem Spaziergang und irritierender Videoinstallation ein neues, urbanes Wahrnehmungsmuster entstehen lässt, das auf eben jene Grenzauflösungen reflektiert, die Richard Sennett und Paul Virilio thematisieren.
Schließlich konnte an Bill Violas (*1951) Multimedia-Installation “Threshold” (1992) der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen in einer medial allpräsenten Öffentlichkeit die Aufhebung der Grenzen von öffentlichem und privatem Raum für die Künstler haben kann.