In meinem Vortrag auf dem diesjährigen Treffen in Obermarchtal habe ich die wichtigsten Gesichtspunkte meiner Abschiedsvorlesung vorgetragen, die ich in Bonn am 7. Februar 03 gehalten habe. Sie trug den Titel: »’Geben ist seliger als nehmen.’ (Apg 20,35) Vorüberlegungen zu einer Theologie der Gabe«.
In der Einführung in die Problemstellung – Paulus zitiert nach der Apostelgeschichte ein Jesuswort, das in Wirklichkeit schon eine sehr lange persisch-griechische Vergangenheit hat –habe ich kurz gezeigt, dass das zitierte Wort in der christlichen Gemeinde eine neue Bedeutung erhält, indem Gutes getan wird, nicht aus Reichtum und Überfluss heraus, sondern weil alle durch Sparsamkeit und Arbeit zur Großzügigkeit des Gebens aufgerufen werden.
In einem ersten Hauptteil habe ich mich zu den philosophischen Zusammenhängen geäußert, in denen gegenwärtig über die Gabe gehandelt wird. Ausgangspunkt ist eine soziologische Arbeit der 1920er Jahre von Marcel Mauss, der den Gabendiskurs maßgeblich angestoßen hat. Hauptgesprächspartner ist für mich Jacques Derrida mit seinen neueren Arbeiten über die Gabe, vor allem in Den Tod geben. Hier entfaltet Derrida an Gen 22 das reine Geben, das am Text ablesbar sei. In der Gabe geht es nicht um Geben und Nehmen im Sinne des Austausches und der Ökonomie, sondern um ein Geben ohne Spekulation, etwas zurückzuerhalten.
Im zweiten Teil habe ich die philosophischen Überlegungen auf die Theologie angewendet und an drei Themen kurz exemplifiziert. Die Theologie muss sich verstehen als »negative Theologie«, indem sie sich immer wieder neu bewusst macht, dass die gesprochene Sprache mit ihrer Aussagenlogik nicht das letzte Wort darstellt, weil Gottes Wort eine Gabe über alle Gaben ist. Dies führt die Theologie ins Gespräch mit der Mystik. Das zweite Gebiet ist die Sakramententheologie. Vor allem die Eucharistie ist als reine Gabe zu verstehen, die wir geben und empfangen, ohne dass das ganze in die Ökonomie des Austausches zurückfällt. »Den Tod geben« ist auch ein neutestamentliches Thema, von dem her Jesu Tod, den wir feiern, verstanden werden kann. Das dritte Gebiet ist die Trinitätstheologie. Mit ihr habe ich in der Antrittsvorlesung meine Arbeit in Bonn begonnen, mit ihr wollte ich abschließen. An Pfingsten war vor allem darauf hinzuweisen, dass der Heilige Geist die »Gabe des höchsten Gottes« (altissimi donum dei) ist, die uns ins Herz gelegt wird.