Die berühmten Fresken aus dem Jahre 1248 in der Silvesterkapelle der Klosteranlage der Santi Quattro Coronati in Rom geben Szenen aus der Silvesterlegende wieder, die – überlieferungsgeschichtlich äußerst komplex – seit dem Ende des 4. Jahrhunderts in Rom nachweisbar ist. Ihre zentrale Aussage: Der römische Bischof Silvester (314-335) habe Kaiser Konstantin vom Aussatz befreit und getauft; zum Dank dafür habe ihm Konstantin das Phrygium verliehen. Da über Silvester historisch so gut wie nichts bekannt und die Taufe Konstantins durch Eusebius gut bezeugt ist, wird man die Entstehung der Legende im Versuch der römischen Bischöfe zu suchen haben, ihre Vorrangstellung zu behaupten, nachdem Rom nicht mehr Reichshauptstadt war (seit 330). Noch wichtiger ist aber die Wirkungsgeschichte der Silvesterlegende. Im 8. Jahrhundert diente sie als Vorlage für eine der nachhaltigsten Fälschungen des Mittelalters, der sog. Konstantinischen Schenkung, der »Gründungslegende« des Kirchenstaates. Dadurch wird aus dem Phrygium die Vorstufe der Tiara, die man als Zeichen der weltlichen Herrschaft des Papstes interpretiert. Im Text der Konstantinischen Schenkung ist aus der Bestätigung des Primates des römischen Bischofs die Verleihung der kaiserlichen Insignien, also der weltlichen Herrschaft über den Westen des Reiches geworden. In der Zeit, als die Fresken gemalt wurden, tobte der Streit zwischen Innozenz IV. und Kaiser Friedrich II. um den von Innozenz beanspruchten Vorrang der geistlichen, sprich päpstlichen, vor der weltlichen Gewalt. Sowohl die Silvesterlegende wie die Fresken müssen also als politische Propaganda im Dienste der römischen Bischöfe/Päpste verstanden werden.