Der Eröffnungsabend der ersten Tagung am neuen Ort versuchte mit ein paar klingenden Kulturzeugnissen Obermarchtals eine erste Antwort auf die Frage »Wo sind wir hier?« zu geben. Die Glocken der Abteikirche, das »größte historische Gesamtgeläut in Baden-Württemberg«, erklangen in einer CD-Aufnahme – am Pfingstsonntag dann in einer von Pfarrer Dolderer eigens für den Kreis veranstalteten Läutprobe. Die zehn noch heute ertönenden Glocken stammen zur Hauptsache aus dem 17. Jahrhundert. Die Hälfte von ihnen wurde 1688 für den Neubau der heutigen zweitürmigen Kirche gegossen. Die älteste noch aktive Glocke ist, wie ihre Schulterinschrift verrät, 1491, in der cit des hungers und der dirri und vidervertikait … gemacht worden. Zwei Mitte des 18. Jahrhunderts bzw. in neuester Zeit (1989) hinzugekommene Glocken komplettieren heute den harmonisch interessanten, fast 2 Oktaven füllenden Zusammenklang.
Die Hauptorgel der Abteikirche Obermarchtal ist das Werk des Ottobeurer Orgelbauers Johann Nepomuk Holzhey (1741-1809). Das mit drei Manualen und Pedal sowie 41 Registern ausgestattete Instrument entstand 1782 bis 1784. Siebzig Prozent der insgesamt 3250 Pfeifen (das ist relativ viel) repräsentieren den Originalbestand, und so vermittelt das Instrument auch heute noch weitgehend das (klassizistische) Klangideal seiner Entstehungszeit (in der man mehr die gute Abstimmung unterschiedlicher Klangcharaktere als deren Kontrast suchte).
Das Instrument wurde mit Aufnahmen von Orgelstücken des komponierenden Obermarchtaler Pater Isfried Kayser (1712-1771) vorgestellt. Vita und Werk dieses begabten Organisten, Komponisten und Regens Chori zeugen von der hohen Bedeutung, die man der Musik in einem Klosterkonvent wie dem von Obermarchtal im 18. Jahrundert beigemessen hat. Sein Beispiel, dem für Obermarchtal noch wenigstens das von Sixtus Bachmann hinzuzufügen ist, sowie – auf einem anderen Feld – dasjenige des dichtenden Predigers Sebastian Sailer, steht auch für die Weltoffenheit dieser klösterlichen Kultur in den Jahrzehnten vor ihrem durch die Säkularisation herbeigeführten Ende. Wie sehr sie den kulturelten Kontext ihrer Zeit mitbestimmte, belegen nicht zuletzt die Biographien von Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart, Michael und Joseph Haydn.